Ich verstehe – Christian Himmelreich und Yehoschua Eckstein

Ein Jüdisch-Christlicher Dialog in der Endzeit

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© copyright Thomas Mäder (Rev.: 21.Juli 2017)

Endlich war er wieder einmal da. Er konnte nicht anders. Er musste einfach mindestens einmal pro Jahr kommen, sonst fehlte ihm irgend etwas. Aber jetzt war er hier, an diesem schönen Frühsommertag, an “seinem” Ort, den er so sehr liebte: Yeruschalaim. Christian lehnte zurück auf die Sitzbank, die aus hellem Jerusalemer Marmorstein gehauen war. Einen stillen Seufzer liess er los, als er zu sich selber flüsterte: “Mein Gott, wie hast Du mein Leben verändert in den letzten Jahren! Ich, der reformierte Pastor Christian Himmelreich, bis vor kurzem ein felsenfest überzeugter Christ, und jetzt ein völlig befreiter “Neugläubiger”!

So leise schien dieses Geflüster oder Selbstgespräch von Christian aber doch nicht gewesen zu sein, denn es weckte die Neugierde des zwei Sitzbänke von ihm entfernten Rabbi Yehoschua, welcher Christians Gemurmel von dessen Lippen zu lesen schien. “Ich, Rabbi Yehoschua Eckstein, sitze wie so oft hier auf meinem geliebten Ölberg, schaue hinüber zum Tempelberg und denke: Das wäre doch schön, mal einen Meinungsaustausch mit einem christlichen Pastoren halten zu können!” Und nun schien die Gelegenheit da, Baruch Haschem! Leichter zu identifizieren hätte er nicht sein können, der reformierte Pfarrer. Warum er hier auf dem Ölberg seinen schwarzen Talar mit dem weissen Beffchen, das so sehr an die zwei Luchot erinnerte, trug, war Rabbi Yehoschua auch nicht klar. Es musste wohl so sein. Langsam stand er auf, rückte seinen Tallit zurecht und zog die Zizit gerade. Allen Mut riss er zusammen, aber eine wohl göttliche Kraft trieb ihn an, so dass er ganz, ganz behutsam auf den Pastoren zuging und ihn fragte: “Darf ich mich zu Ihnen setzen?”

Ob das nicht himmlische Führung war, dachte sich Christian. So sehr hatte er das Verlangen gehabt, endlich mal mit einem jüdischen Rabbi einen Dialog führen zu können über Dinge, die ihn seit Jahren beschäftigten.

Bewakascha – bitte -nehmen Sie doch Platz!” antwortete Christian erfreut.

Und nun sassen sie da, auf den warmen Steinplatten, Seite an Seite, mit einem guten Meter Abstand zu einander. Beide schauten hinüber auf den Berg Moriah, auf welchem bis vor rund zweitausend Jahren das Beit HaMikdasch – der Jüdische Tempel – der Erste als auch der Zweite Jüdische Tempel – gestanden hatten.

“Wie nur soll ich anfangen? Gott, hilf mir bitte!” dachte Christian bei sich.

“Soll ich nun eine Frage stellen oder nicht, Haschem?” überlegte sich Yehoschua. Gesagt, getan.

“Denken Sie auch, Herr Pfarrer, dass hier einst mal ein Dritter Tempel stehen wird? Christen denken doch, dass dies nicht der Fall sein wird, da doch der Christ denkt, er selber sei der Tempel, der sogenannte ‘Tempel des Heiligen Geistes’? Wir Juden sind überzeugt, dass Moschiach – der Messias – dort drüben den Dritten Tempel errichten wird und das Opfer wieder einführen wird.”

“Ich verstehe”, antwortete Christian nach einigem Zögern. “Ja, da sind wir vom ‘Neuen Testament’ anders gelehrt worden. Aus christlicher Sicht ist es nicht nötig, dass ein Dritter Tempel gebaut wird, und erst recht ist das Opfern überflüssig, weil der Christ glaubt, dass Jesus das Opferlamm war, welches ‘der Welt Sünde trägt’”. Yehoschua wollte Christian nicht abbrechen und blickte Christian neugierig an.

“Allerdings habe ich heute ein anderes Verständnis”, fuhr Christian fort. “Heute glaube ich nicht mehr, dass Jesus ‘als Lamm geopfert’ wurde. Ich glaube, dass Jesus ein Zaddik – ein Gerechter – war. Er lebte den Menschen die Tora vor. Als er eine Woche vor seinem Tod zum Messias hätte gekrönt werden sollen, zogen einige Pharisäer, zusammen mit den Römern, die Notbremse und verurteilten ihn zum Tod. Vielleicht hätte Jesus noch fliehen können, aber er liess es schlussendlich im Rahmen von Yesurim – Leiden für andere – geschehen, wie er vorher selber gesagt hatte: ‘Ich gebe mein Leben freiwillig’. Nie und nimmer würde Gott ein Menschenopfer verlangen, im Gegenteil, Gott selber hatte es strengstens verboten. So war es also in erster Linie Jesu’ Leben als Zaddik, das im Vordergrund der messianischen Errettung steht, und erst in zweiter Linie sein Tod.”

Yehoschua antwortete erstaunt: “Ich verstehe. Das ist eine interessante Betrachtungsweise. Vielleicht kann ich das Thema mal mit meinem Lehrer besprechen. In diesem Sinn glauben Sie also, dass Jesus ‘der Retter der Welt’ ist?”

Christian holte tief Atem. Er war glücklich, dass er endlich mal einem Juden gegenüber all seine Gedanken und neuen Glaubensansichten ausschütten konnte. So fuhr er fort: “RAmChaL schreibt doch in seinem Buch ‘Derech Haschem, dass wenn jemand kommen würde, der sooo sehr Zaddik ist, könnte er die ganze Welt mit Gott versöhnen, von der ersten Generation an bis hin zur letzten noch kommenden Generation.”

Rabbi Yehoschua war erstaunt. Natürlich kannte er dieses Buch! “Ich verstehe … Nun sagen Sie also, dass Jesus der Messias sei. Wir denken, dass es immer wieder Leute gab, die eine Messiasfunktion hatten. Z.B. Mosche, aber auch David, und andere mehr. Wir denken weiter, dass Jesus nicht DER Messias sein kann, weil er die Bedingungen zum Messiasanspruch zu seinen Lebzeiten nicht erfüllt hatte. Sie wissen, Tempel aufbauen, Juden nach Israel zurückbringen, Weltfrieden bringen, und mehr. Ausserdem denkt ja der Christ, wer sich nicht zu Jesus ‘bekehrt’, ist für immer verloren und kommt in die Hölle. Auch die Juden. Wie sehen Sie das?”

Das ist ja eine gehörige Portion Diskussionsstoff, musste Christian – zumindest innerlich – zugeben. “Ja, da haben Sie recht. Ich sehe es heute so, dass Jesus als Messias ben Yosef da war und als Messias ben David zurückkommen wird. RaMCHaL bekräftigt ja den Gedanken von Gilgul – Reinkarnation – so kann ich mir durchaus vorstellen, dass Jesus zurückkommen wird. Und wäre diese Rückkehr in Form einer andern Person, also nicht Jesus, wäre das mittlerweile für mich auch kein Weltuntergang mehr. Auf jeden Fall kommt mir das Thema Reinkarnation noch etwas suspekt vor. Dass sich ein Mensch jedoch zu Jesus ‘bekehren’ muss, sehe ich heute nicht mehr so. Gott schaut nämlich auf unser Herz und unseren Lebenswandel, und nicht auf ein Glaubensdogma, wie die christliche Kirche dies irrtümlicherweise lehrt. Trotzdem glaube ich, dass Jesus – übrigens nenne ich ihn lieber nach seinem hebräischen Namen Yeschua – ‘der Weg, die Wahrheit und das Leben’ ist, und ‘niemand zu Gott kommen wird als durch ihn’, Yeschua. Dies aber erst beim letzten Gericht, welches jeden Menschen ‘ereilen’ wird. Denn Gott übergibt die Autorität dem Messias, der die Welt richten wird. So wird sich ‘jedes Knie vor ihm beugen müssen’, und er wird in Autorität Gottes entscheiden, wer ins ‘Himmelreich’, nennen wir es lieber ‘Olam HaBa’ kommen wird, und wer nicht. Aber der Entscheidungspunkt wird nicht sein, ob sich ein Mensch zu Lebzeiten ‘für Yeschua entschieden’ hat oder nicht. Da werden wir mal staunen, wer alles im Olam HaBa zu finden ist, und wer nicht. Auf jeden Fall wird es dort viele Christen, viele Juden, viele Muslime, viele Hindus und viele Buddhisten haben. Wir werden staunen, wie barmherzig Gott ist und wie sehr wir Menschen unseren Nächsten entweder in den Himmel oder die Hölle geschickt oder gewünscht haben!”

“Das stimmt”, antwortete Yehoschua, “es wird nebst Juden auch viele Gojim – Heiden – im Olam HaBa haben. Betreffend Hölle sind wir überzeugt, dass es keine ewige Hölle gibt. Allerdings glauben wir, dass unsere Neschama – unsere Seele – nach dem physischen Tod einen Läuterungsprozess durchlaufen wird. Das hat aber nichts mit einem Katholischen Fegefeuer zu tun. Nach dem Tod geht unser ‘Guf‘ – unser Körper – in den Scheol – ins Grab -, so wie es unser Vater Yakov in seiner Trauer über Yosef seinen Söhnen gesagt hatte. Bei der Auferstehung der Toten werden dann Guf und Neschama wieder vereint. Darauf freuen wir uns. Aber wie könnte Haschem seine Kreatur, den Menschen, der die höchste Kreatur ist, für immer und ewig in ein brennendes Feuer schicken? Ich denke, da muss das Christentum, und übrigens auch der Islam, gewaltig umdenken. Leute wie Hitler oder Stalin haben jedoch keine Chance, ins Olam Haba zu kommen, auch wenn der Messias Versöhnung für alle Menschen schafft. Denn Hitler und Stalin haben ihre Chance vertan. Sie werden für ihre Taten büssen müssen, und dann werden sie endgültig vernichtet.

Christian freute sich über diesen Dialog. Es lagen ihm noch sooo viele Themen auf dem Herzen. Dass Rabbi Yehoschua jedoch selber solche Themen anschnitt, freute Christian ausserordentlich.

Denn Yehoschua führte gleich selber fort: “Wenn wir schon von der Hölle sprechen, können wir uns ja noch etwas über HaSatan – den Teufel – unterhalten. Es ist doch so, dass das Christentum denkt, Satan sei der Widersacher von Haschem, eine zweite Macht, fast auf der Machtstufe Haschems, mit ungeheuerlichem Potenzial. Wir Juden glauben das nicht. Satan ist ein Engel Gottes, der ‘nur’ seinen Job tut. Und er tut ihn gut. Wenn Menschen nach ihrem schlechten Trieb – genannt Yetzer HaRa – Christen nennen dies ‘Fleisch’, handeln, anstatt nach ihrem guten Trieb – genannt Yetzer HaTov – Christen nennen dies ‘Geist’, dann sammelt Satan ‘Funken der Heiligkeit’ – aber das ist ein anderes Thema, das hier jetzt nicht im Kontext ist. Tatsache ist: Neben Haschem gibt es keine andere Macht. Haschem ist Einer, Er ist einzigartig. Es gibt neben Ihm keine andere Macht. Das ist es, was wir Juden im ‘Schma Israel’ täglich beten. Es gibt ausser Haschem keinen andern Gott. Da kommt natürlich jetzt die christliche Doktrin der Trinität ins Spiel, was ein ganz, ganz heisses Eisen ist, nicht wahr?”

Wie sehr hatte sich Christian gewünscht, das Thema Dreieinigkeit, oder Dreifaltigkeit, bzw. Trinität, zu erläutern. Dies war der Punkt, der ihn in den letzten Jahren fast sämtliche Freundschaften mit Christen gekostet hatte. Wandte sich doch zum Beispiel ein freikirchlicher Pastor von ihm ab, indem er Christian drohte: “Ich glaube nicht nur an die Trinität, sondern ich LEBE sie! Mit deinen ketzerischen, verwerflichen Ansichten wirst Du der ewigen Hölle nicht entgehen!” Wie viele Bücher hatte Christian doch über die letzten Jahre gelesen, christliche, aber vor allem Bücher über das Judentum, die ihm seinen über die Jahrzehnte ‘anerzogenen’ christlichen Glauben, dessen Fundament der Jüdische Glaube ist, plötzlich auf viel logischere und einfachere Weise sehen liess.

“Nun, es war zur Zeit der Ökumenischen Konzile im Vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, als der Römische Sonnenanbeter und Gründer des Christentums, Kaiser Konstantin, aus politischen Zwecken eine neue Religion gründete, mit der Absicht, den Zerfall des Römischen Reiches zu verhindern. Um es kurz zu fassen: Um Juden entlarven zu können, verbot er das Einhalten und Feiern des Schabbats. Der Schabbat wurde so auf den Sonn(en)tag verlegt. Ausserdem wurde Jesus auf die selbe Stufe wie Gott gesetzt. Bei beiden Themen wusste Konstantin genau, dass sich Juden diesen neuen Geboten nie unterordnen würden. Einige Jahrzehnte später wurde dann sogar eine ‘Dritte Person’, der Ruach HaKodesch – der ‘Heilige Geist’ – auf die gleiche Stufe wie Gott erhöht. All das führte dazu, dass ein tiefer Graben zwischen ‘Christen’ und Juden entstand. Yeschua als ‘der im Fleisch in die Welt gekommene Gott’, etwas, was weder Yeschua noch seine Jünger – Apostel – je gepredigt hatten. Dieser Graben wurde immer grösser, sogar als Martin Luther befahl, sämtliche Synagogen abbrennen zu lassen und Juden, die den inkarnierten Yeschua hatten töten lassen, umzubringen seien. Notabene hielt sich Hitler an diese Worte Luthers. Um aufs Kernthema zurückzukommen: Ich verstehe, dass die Trinität eine christliche Irrlehre ist! Gott ist Einer, selbst wenn Elohim im Plural steht.”

Rabbi Yehoschua war verblüfft über Pastor Christians Erkenntnis! Er war jetzt richtig ‘warmgelaufen’.

“Darf ich mir erlauben, noch so einen heissen Punkt anzuschneiden: Die Tora! Unsere geliebte Tora, die gutgemeinten Weisungen Gottes! Die Tora, die noch vor der Gründung der Welt geschaffen wurde!”

Christian seufzte tief: “Oh ja, die Tora! Was hat doch das Christentum für Irrlehren verbreitet! Nur, weil die Kirche Verse aus dem Neuen Testament falsch übersetzt und falsch interpretiert hat! Es macht mich so traurig, wenn ich noch heute in der Kirche höre, die Tora habe keine Gültigkeit mehr und sei von Yeschua ‘ans Kreuz genagelt’ worden! Wie falsch! Dabei heisst es doch, dass Yeschua nicht gekommen ist, um die Tora aufzulösen, sondern sie zu erfüllen. So hat Yeschua Tora gelebt und hat sie in keinster Weiste aufgehoben! Auch Rabbi Scha’ul, der Apostel Paulus, war absolut toratreu. Nur werden seine Briefe – weil zum Teil falsch übersetzt – auch heute ebenso falsch gelehrt. Weder ein Römer- noch Galaterbrief sagen, die Tora sei nicht mehr gültig.”

“Ich verstehe”, bemerkte Yehoschua. “Das sog. Neue Testament steht zum Teil in krassem Gegensatz zu unserer Hebräischen Bibel – dem Tanach! Etwas, was wir Juden nicht akzeptieren können. Ausserdem gehört das sog. Neue Testament nicht zu unserer Bibel.”

Zu Yehoschuas grossem Erstaunen erwiderte Christian: “Das ist völlig richtig! Wiederspricht eine Aussage im Neuen Testament einer Aussage aus dem Tanach – welchen wir fälschlicherweise ‘Altes Testament’ nennen – so ist dies eine Lüge und gehört gestrichen, oder aber korrekt übersetzt! Nach der Niederschrift des Tanachs war die Bibel ‘abgeschlossen’ – beendigt. Alles andere ist Beilage. Das Neue Testament sind Schriften von Juden, Geschichten, die Jahrzehnte nach Yeschua’s Ermordung schriftlich festgehalten wurden, analog zur Mündlichen Tora. Die Evangelien und auch die Apostelgeschichte zeigen das Leben und Wirken Yeschuas und seiner Gefolgschaft, die sich selber als ‘Jünger auf dem Weg’ bezeichneten – auf, die absolut lesenswert sind. Allerdings wurden von den Kirchenvätern doch etliche der ursprünglich z.B. im Codex Sinaiticus, oder in den Papyri 46 niedergeschriebenen Verse absichtlich judenfeindlich verdreht, oder gar Verse Jahrhunderte später hineingeschmuggelt. Das ist eine Tragik. Gerade der Vers im Johannes Evangelium Kapitel 1, Vers 1, dass ‘Yeschua das ins Fleisch gekommene Wort Gottes ist’ und Yeschua genauso wie Gott ohne Anfang und ohne Ende sind’, sind Verse, die im Textus Receptus falsch niedergeschrieben sind und leider auch von allen andern gängigen Bibeln, sei es eine King James, oder eine Luther-Bibel, genau so falsch ins Englische, Deutsche und jede andere Sprache übersetzt worden sind. Gottlob gibt es seit etlichen Jahren – Internet sei Dank – Übersetzungen einzelner Briefe, wie z.B. der Römer-, Galater- und Hebräerbrief, die nicht vom Textus Receptus, sondern von wesentlich älteren Quellen ins Englische übersetzt worden sind. Diese Übersetzungen ergeben dann z.T. einen völlig neuen Sinn und gewähren absolute Torakompatibilität.”

Rabbi Yehoschua blickte zum Himmel empor. Er schien in den Gedanken versunken. Dann sagte er: “Wie kann es sein, dass es jetzt – um drei Uhr Nachmittags – plötzlich zu dämmern scheint? Ist Ihnen das auch aufgefallen?”

Pastor Christian fiel es erst jetzt auf. Tatsächlich, eigenartig … Bekanntlich geht im Gelobten Land die Sonne abends sehr schnell unter, doch erst um sechs. Aber Yehoschua hatte recht. Es war erst drei Uhr. Die Sonne stand noch am blauen Himmel, aber es machte wirklich den Eindruck, als würde es ganz langsam eindunkeln. Irgend etwas eigenartiges schien in der Luft zu liegen.

Yehoschua nahm das Gespräch wieder auf: “Ich verstehe. Ich denke, wir Juden müssen uns mit diesem Neuen Testament nochmal etwas intensiver beschäftigen. Vielleicht sogar mit der Person des Yeschua. Immerhin schien er ja auf tausende und abertausende Juden Einfluss gehabt zu haben, das liest man ja auch in Josephus Flavius’ Geschichtsbüchern.”

Christian war erfreut über Yehoschua’s Antwort. “Ja, und wir Christen müssen die Tora noch einmal aus einem jüdischen Blickwinkel betrachten und sie nicht einfach als ‘Gesetz’ abstempeln. Ach hätten wir doch in unseren Kirchen jüdische Rabbis, die uns Tora lehrten, und zwar nicht nur die Schriftliche, sondern auch die Mündliche! Ausserdem: Die sieben Noachidischen Gebote einzuhalten ist vielen Christen – wie mir auch – einfach zu wenig. Es ist höchste Zeit, dass wir z.B. kein Schweinefleisch mehr essen, immerhin ist das doch eines der leichtesten Gebote, nicht wahr. Und den Schabbat feiern möchten doch auch viele! Aber was heisst das konkret? Wer kommt zu uns und lehrt uns? Es gibt doch sicher mehr als sieben Mitzvot, die wir Gojim einhalten könnten, nicht?”

Yehoschua antwortete: “Ich will diesen Punkt mal an unserer nächsten internationalen Rabbiner-konferenz aufnehmen. Wir haben nämlich einige Rabbis, die schon mehrmals offeriert haben, Schiurim für Christen anzubieten. Wir müssen das mal ganz neu anpacken. Aber wir haben noch einen ganz andern heiklen Punkt auf der Agenda: Das ‘Birkat Haminim, welches Bestandteil des ‘Schmone Esre’ ist. Sie kennen es sicher?”

“Ja, natürlich kenne ich es”, antwortete Christian. “Es macht mich jedes Mal traurig, wenn ich es im Siddur lese. Im Auftrag von Rabbi Gamliel II wurde der Passus als sogenannter 19. ‘Segen’ dem Achtzehnergebet hinzugefügt, um Häretikern, u.a. auch Christen, den sofortigen Tod zu herbeizuwünschen! Tagtäglich wird es doch von Millionen von Juden gebetet, nicht wahr? Da kommt mir doch immer gleich Yeschua in den Sinn, welcher sagte, man solle seine Feinde lieben, und nicht ihnen den Tod wünschen”.

In diesem Augenblick donnerte es am Himmel, und es wurde deutlich dunkler. Aber es war ja noch nicht mal vier Uhr Nachmittags! Christian und Yehoschua sahen sich beide etwas ängstlich an.

Yehoschua fuhr fort: “Ja, genau aus diesem Grund wollen wir das Birkat Haminim an der Konferenz besprechen. Es werden Stimmen laut, es solle aus dem Schmone Esre gestrichen werden.”

“Ich verstehe”, antwortete Christian, sichtlich gerührt. Wie wunderbar wäre das, wenn alle Juden und alle Christen einander im Glauben näher kommen könnten, so wie sie beide. Er fügte an: “Und an unserer nächsten internationalen Pastorenkonferenz steht auf der Traktandenliste ‘Zurück zu den jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens: Die Irrlehre der Ersatztheologie’. Dort soll eingestanden werden, dass Israel aus biblischer Sicht nicht nur einen Auftrag hat, sondern DEN Auftrag von Gott, und Christen wollen sich bei den Juden entschuldigen über die arrogante Aussage, dass es die Christenheit ist, die Gottes Reich herbeiführt anstelle der Juden.”

Als Christian zu Yehoschua schaute, sah er Tränen in dessen Augen. Wie wunderbar war es, dass sich die beiden so nahe kommen konnten in ihrem religiösen Dialog! Auch Christian konnte seine Tränen nicht mehr unterdrücken. Er rückte Yehoschua näher. Beide hatten Tikkun – Korrektur und Perfektion – vor Augen.
In diesem Augenblick kam von hinten eine Gestalt mit einem schwarz-weiss karierten Kopftuch aus einem Gebüsch zu springen! Ein Mann schrie: “Alkhanazir! Allahu akbar!” und zückte ein langes Messer!
Noch in der gleichen Sekunde wurde es stockfinster und mit ohrenbetäubendem Krachen erschlug ein Blitz den Angreifer an Ort und Stelle!

Und dann geschah etwas, was weder Pastor Christian noch Rabbi Yehoschua begreifen und erklären konnten. Der Ölberg spaltete sich vor ihren Augen!

Rabbi Yeshoschua Eckstein schaute auf gen HaSchamaim und stiess ein “Baruch haba beschem Adonai!” aus.

Pastor Christian Himmelreich schaute nach oben und schrie: “Der Messias kommt zurück!

Ab diesem Tag und Augenblick wurde alles anders.

Christian Himmelreich wurde nicht entrückt. Auch Yehoschua Eckstein nicht.
Beiden wurde der Zutritt ins Olam HaBa gestattet.

Seither kam die Lehre aus Zion.

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